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Wie Agenturen in Zukunft ihr Geld verdienen werden: Der Übergang von Stundensätzen zum Abo-Modell


Segmente und Definitionen

Wenn wir von einer Agentur sprechen, dann verstehen wir alle etwas Anderes darunter, und ich denke es ist falsch, alle Firmen über einen Kamm zu scheren. Zu divers sind die Dienstleistungen, ist die Größe der Unternehmen und vor allem die Komplexität und Kreativität der Arbeit. Wenn ich also im Folgenden von Agenturen spreche, grenze ich dieses Feld auf die typische kleinere Agentur zwischen 10 und 50 Mitarbeiter ein.

Diese Unternehmen erbringen meist weniger komplexe, weniger infrastrukturgetriebene, dafür aber umfassendere Dienstleistungen für kleine und mittlere Kunden. Kunden rufen solche Firmen an, wenn sie im Online-Marketing weiterkommen möchten. Typische Dienstleistungen sind: Websites aufbauen, einfache Shops implementieren, Newsletter- und Facebook Marketing aufsetzten etc. Darüber schreibe ich heute.

Kundenstimmen

(Grafik: Shutterstock)

Viele erleben Internet-Agenturen als umständlich und teuer. (Grafik: Shutterstock)

Ich kenne viele Leute, die als Entscheidungsträger in KMU arbeiten, und ich höre oft, dass sie die Internet-Agenturen als umständlich und teuer erleben. Dass die Projekte zwar gemacht werden, nachher aber nicht mehr so viel kommt. Dass Firmeninhaber bei Verkaufsgesprächen Vertrauen schaffen und Professionalität vermitteln – und diese Versprechen vom nachfolgenden Team nicht oder nur bedingt eingehalten werden können.

Manch einer klagt, dass die Dienstleistungsdichte zu tief sei und sie sich nicht verstanden fühlten. Man muss dazu natürlich auch sagen, dass es etliche Kunden gibt, die schlicht übersteigerte Erwartungen haben. So hat mir letztens ein Bekannter erzählt, dass er eine Newsletter Kampagne habe machen lassen und nicht eine einzige Bestellung per E-Mail reingekommen sei. Das sei ein Skandal. Und eine Frechheit, schließlich habe die Kampagne mehr als 2.000 Euro gekostet. Harte Nüsse, die man vielleicht gar nicht knacken will.

Gefangen in Best Practice

Und wenn ich mir so ansehe, was da von den Agenturen alles gemacht wird in dem Bereich, denke ich, viele von uns sind gefangen in einem Best-Practice-Denken. Man muss zum Beispiel eine Website haben. Man muss Newsletter machen. Man muss AdWords machen. Und Twitter muss man auch. Diese Art von Generalisierung bringt meist schlechte Resultate, und das ist dann das, was der Kunde mitbekommt.

Vielfach ist es aber eben differenzierter: Als der Wirt meiner Industriegebietskneipe letztens an meinem Mittagstisch auftauchte und mich fragte, was er denn im Web machen solle, wusste ich nicht so richtig, was ich sagen sollte. Ich fragte ihn stattdessen, was er denn denke. Seine Antwort: Er habe ein paar Agenturen angefragt, und alle hätten ihm vorgeschlagen, eine Website machen zu lassen. Die Angebote lägen zwischen 7.000 und 20.000 Euro. Wenn er aber seine Kunden anschaue, habe er das Gefühl, Facebook sei das Richtige, denn die seien immer irgendwie vor und nach dem Essen (und manchmal auch während des Essens) auf Facebook.

Ich dachte „guter Mann“. Und antwortete ihm, dass er ja jetzt wisse, was zu tun sei.

Fehlendes Knowhow beim Kunden

Er meinte darauf allerdings, dass er keinen Plan von Facebook habe und ob ich ihm nicht helfen könne (seine Preisvorstellung: „Kriegst du Essen gratis in 2016 und 2017“). Er habe nämlich niemanden gefunden, der das mit ihm machen könne – respektive wolle.

Ich denke dieses Beispiel ist exemplarisch für viele kleine Kunden. Sie würden ganz gerne Geld ausgeben, das aber ohne riesigen Anfangs-Invest und Overhead. Kleine Kunden wollen eher unterstützt, begleitet und gecoached werden. So, dass sie früher oder später in der Lage sind, Onlinemarketing selbst zu machen. Durch die Größe ihres Unternehmens können sie einfach niemand dediziert dafür anstellen. Also müssen sie es über kurz oder lang selbstlernen.

Viel zu klein

Als Agenturvertreter wirst du sagen, „Ui bleibe mir bloß mit solch kleinen Aufträgen fern“. Und ich bin ganz bei dir, solche kleinen Aufträge können wir mit unseren Agenturstrukturen nicht abdecken. Bevor mir alle schreiben, die es trotzdem machen: Ja, es gibt euch, die Ausnahmen von der Regel. Ich weiß.

Was die Branche aber verkennt, ist das riesige Potenzial, das da schlummert. In der Schweiz haben wir etwas über 500.000 Unternehmen, die in der Kategorie bis zu zehn Mitarbeitern rangieren. Von insgesamt rund 600.000. Alle diese Unternehmen müssen ihr Marketing früher oder später umstellen, mehr in Richtung digital. Rechnen wir also einmal wie ein Milchmädchen und sagen, dass rund 50 Prozent der 500.000 überhaupt Bedarf haben und dass diese im Schnitt 5.000 Euro pro Jahr für Marketing ausgeben können, landen wir bei einem Marktpotential von 1.25 Milliarden. Du kannst es auch noch downscalen, es bleibt eine gewaltige Zahl. Nur für die Schweiz, wohlgemerkt.

Das ist definitiv interessant. Nur haben wir leider im Moment nicht die Strukturen und das Business-Modell dazu. Und den unternehmerischen Willen.

Wie könnte man dieses Marktpotenzial nutzen?

Es ist klar, dass es nicht möglich ist, dieses Potenzial mit dem konventionellen Agenturmodell zu erschließen. Denn Agentur- und Softwarebusiness ist meist einfach Handwerk. Wir haben in dem Bereich noch nicht einmal Industrialisierung. Das gilt im Übrigen auch für die großen Softwaredienstleister.

Ich denke, um eine Firma zu schaffen welche diese kleinen Kunden gut bedienen kann, müsste man (nicht abschließend) folgende Faktoren berücksichtigen:

Fixe Produktpakete mit fixen, monatlichen Preisen

Ich bin als Unternehmer ein großer Fan von Subskriptionsmodellen. Die Kleinkunden haben logischerweise eine Aversion gegen große Einmalzahlungen, sind dagegen aber sehr offen für monatliche, fixe, kleine Raten. Das hat unternehmerisch riesige Vorteile, da Umsätze extrem gut geplant werden können.

Eine Dienstleistung für eine fixe monatliche Rate zu erbringen hat aber einen anderen weit größeren Vorteil: Man ist als Unternehmer gezwungen, möglichst effizient zu sein. Denn jeder Euro, den man in der Erbringung einspart, ist ein gewonnener Euro. Das generiert natürlich den Druck, Effizienzsteigerungen voranzubringen. Etwas, was wir im heutigen „Abrechnung-nach-Zeit-Modell“ nur sehr, sehr begrenzt tun, weil es uns eben nichts bringt.

Systematisierung und „Methodenkongruenz“

Diese Dienstleistungen zu erbringen ist fachlich meist keine „Rocket-Science“. Ich höre euch jetzt gerade sagen, es ist doch alles kompliziert und individuell, das geht so nicht. Und ich gebe euch insofern recht, dass es durchaus Dinge gibt, die sehr komplex sind, wenn es um Online-Marketing geht. Dabei handelt es sich aber um die letzten 20 Prozent des Unterfangens. Was wir bei neuen Kleinkunden hingegen tun müssen, ist Grundlagen schaffen und Informationen vermitteln.

Beides kann man extrem gut systematisieren und einer generalisierten Methodik unterwerfen. In dem wir das tun, erhöhen wir die Qualität dieser Dienstleistungen und senken gleichzeitig die Kosten, beides in einschneidendem Maße.

Automatisierung

Hat man diese Prozesse einmal systematisiert, kann man sich daran machen, konsequent zu automatisieren. Da es sich um viel Software handelt, ist das einfacher als sonstwo. Dadurch erlangt man den „unfairen Wettbewerbsvorteil“ (darüber schreibe ich bald etwas).

Gerade gestern hat mir Robert Lindh, einer der Gründer von resultify, einer Online-Marketing-Factory in Schweden, eine neue Plattform gezeigt, mit welcher ihr für eure Kunden die Werbemittel-Erstellung (Micro-Content für Social Media), das Management, die Abrechnung und das Ausspielen auf verschiedene Kanäle automatisieren könnt. Was in einer klassischen Agentur eineinhalb Tage dauert, erledigen diese Leute in einer Stunde.

Radikal guter Support und persönliche Betreuung

Kunden wollen persönlichen Kontakt – daher lohnt sich guter Support erstrecht. (Foto: Shutterstock)

Kunden wollen persönlichen Kontakt – daher lohnt sich guter Support erst recht. (Foto: Shutterstock)

Bei so viel Organisation, Optimierung und Automatisierung könnte man in Versuchung kommen und denken, dass kleine Kunden sich selbst unterstützen und man Online-Hilfen zur Verfügung stellen sollte. Betriebswirtschaftlich gesehen wäre das auf den ersten Blick traumhaft. Die Sache hat aber mindestens einen erheblichen Haken: Die Kunden wollen das nicht.

Im Gegenteil, die Kunden sind unersättlich, was direkten Zugang, telefonische Erreichbarkeit, Mitarbeiterkompetenz et cetera angeht, nicht im tatsächlichen Konsum dieses Supports, sondern in der Erwartungshaltung. Anstatt das nun als Problem zu sehen, sollte sich ein neuer Anbieter des Themas annehmen. Am besten vorwegnehmen, beispielsweise mit 24/7-1st-Level-Support, all inclusive, versteht sich.

Ein wirklich superber Support ist aber auch etwas, das sonst viel bringt. Ich habe hier letztens etwas dazu geschrieben.

Ihr werdet jetzt denken, das kann man sich ja nie leisten. Ich behaupte, doch, das kann man, denn ein Teil der Effizienzgewinne durch Systematisierung und Automatisierung muss in den Support gesteckt werden. Sonst funktioniert das Modell nicht.

Skaleneffekte

Ich denke, eine solches Unternehmen wird ab rund 500 Kunden aufwärts interessant. Erst in dem Bereich lohnt es sich, Zeit in Methodologie und Automatisierung zu stecken. Wirklich richtig Geld verdient man mit der Möglichkeit, einmal Entwickeltes auf extrem viele Umsatzträger umzulegen. Man kann damit ein Produkt schaffen, dass so niemand manuell, respektive auf althergebrachte Weise, erbringen kann.

Alternative schaffen

Und darum geht es denn auch. Nicht die nächste Agentur zu gründen, sondern dem Kunden eine echte Alternative zu bieten. Etwas, das mit nichts wirklich vergleichbar ist, dem Kunden aber eben erhebliche Vorteile bietet. Gibt, so ganz nebenbei, auch eine unglaubliche Marketingstory her.

Ich bin sicher nicht der Erste, der diesen Markt der Kleinkunden als Potential sieht. Und doch gibt es niemand, der sich dessen annimmt. Warum eigentlich nicht?

Ich glaube, dass wir in unserer Branche viele gute Handwerker haben und wenige wirkliche Unternehmer. Während sich der Erstgenannte einfach an die Arbeit macht und ein Projekt umsetzt, kümmert sich der Unternehmer darum, die Strukturen zu schaffen, um konzeptionell zu wachsen. Das bedeutet, mit vielen Unbekannten umzugehen, erstmal zu investieren und Risiko in Kauf zu nehmen.

So lange das Agenturgeschäft mit dem bisherigen Modell so easy läuft, werden wir wohl keine großen Veränderungen sehen, außer es macht mal jemand. Risikokapital würde im Moment genug zur Verfügung stehen. Also: Unternehmer vor!

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Author: Chris Blevins

Last Updated: 1703493602

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Name: Chris Blevins

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